Vor zehn Jahren hat alles mit einem bescheidenen Start angefangen. Heute ist die Pneumologie am Kulmbacher Klinikum eine große Abteilung, die auch überregional von Bedeutung ist. Jetzt ist mit einer ganz besonderen Navigationsanlage der neuesten Generation ein weiterer Meilenstein in der Lungendiagnostik hinzugekommen, die es bisher nur an zwölf Krankenhäusern in Deutschland gibt.
Vor zehn Jahren hat Lungenfacharzt Dr. Joseph Alhanna als „Einzelkämpfer“ angefangen, um am Klinikum Kulmbach eine Klinik für Pneumologie, also Lungenheilkunde, aufzubauen. Am 1. Januar 2013 war der Start. Dass sich die neue Klinik so entwickeln würde, hätte sich Dr. Alhanna allerdings selbst kaum vorstellen können, wie er sagt. Neben dem Leitenden Arzt sind inzwischen in der Pneumologie fünf Oberärzte und sieben Assistenten, insgesamt also 13 Mediziner tätig. In den Funktionsabteilungen, gestartet vor zehn Jahren mit zwei Fachkräften, arbeiten inzwischen acht Mitarbeiterinnen. Mehr als 50 Betten belegt die Klinik jetzt. Mit sechs Betten hat vor zehn Jahren alles angefangen. „Das ist eine enorme Entwicklung.“
Niemand hätte sich damals gedacht, welche wichtige Rolle die Pneumologie am Kulmbacher Klinikum einmal spielen würde. Als die Corona-Pandemie ausbrach, gab es Spezialisten am Haus, die helfen konnten. „Das war eine große Herausforderung“, blickt Dr. Alhanna zurück. Die Leistungen eines tollen Teams hätten es möglich gemacht, sie zu meistern. „Unsere Mannschaft hat unheimlich viel Zeit und Kraft aufgebracht. Aber man darf auch nicht vergessen, dass das alles ohne die gute Zusammenarbeit mit anderen Abteilungen in unserem Haus nie funktioniert hätte.“ Übergreifend sei am ganzen Haus mit unglaublichem Engagement gearbeitet worden. Mehr als 2000 Patienten seien wegen Corona stationär behandelt worden. Leider habe man nicht alle retten können „Wir haben drei schwere Jahre hinter uns. In einer großartigen Mannschaftsleistung haben wir das bestmöglich gemeistert. Dafür bin ich meinem Team, aber auch allen anderen, die mitgearbeitet haben, unendlich dankbar.“
Doch Corona ist nicht alles. Drei große Schwerpunkte haben sich laut Dr. Alhanna in den vergangenen Jahren in der Pneumologie herausgebildet. Bronchialkarzinome (Lungenkrebs) bilden einen dieser Schwerpunkte. Nach Angaben der Deutschen Krebshilfe gehört diese Krebserkrankung zu den häufigsten überhaupt. Bei Männern und Frauen ist sie die zweithäufigste, nach Prostata- beziehungsweise Brustkrebs. Fast 60.000 Menschen erhalten inzwischen jedes Jahr diese Diagnose. Inzwischen habe die Pneumologie in Kulmbach einen Punkt erreicht, an dem alles, was in Zusammenhang mit der Diagnostik und der Therapie auch mit der modernsten interventionellen Technik von Lungenkrebs steht, angeboten wird, sagt der Leitende Arzt. Gerade auf dem Gebiet der Diagnostik habe das Klinikum jetzt einen wichtigen Schritt nach vorne unternommen. „Archimedes“ heißt das Navigationssystem, das einen Arzt millimetergenau bei einer Bronchoskopie an einen ganz bestimmten Punkt in der Lunge heranführt. Proben können auf diese Weise gewonnen und schnell diagnostiziert werden, ohne dass eine Operation nötig ist. „Dieses System wird derzeit nur in zwölf Kliniken in ganz Deutschland angeboten“, sagt Dr. Alhanna. Die Funktion des Gerätes müsse man sich in etwa so vorstellen wie ein Navigationsgerät im Auto. „Man gibt das Ziel ein, und die Navigation führt einen auf dem bestmöglichen Weg genau dort hin.“ Für den Patienten erfolge diese Untersuchung weitaus schonender als das mit einer Operation der Fall ist. „Das ist eine sehr wichtige Verstärkung der Diagnostik in unserer Klinik“, zeigt sich Dr. Alhanna zufrieden. Rund 380.000 Euro hat „Archimedes“ gekostet. Das Gerät ist seit 1. Februar in Kulmbach im Einsatz. Sollte ein Tumor gefunden werden, kommt dann unter Umständen in Zukunft nach der aktuellen Studienlage noch eine weitere Hightech-Behandlung: Auch die Tumorentfernung mit Lasertechnik ist in Kulmbach demnächst, sobald die Zulassung kommt, möglich.
Lungengewebekrankheiten, die sogenannte Lungenfibrose, eine Erkrankung, die mit einer Entzündungsreaktion in den Lungenbläschen zusammenhängt und eine sogenannte „Narbenlunge“ verursacht, sei ein weiterer Schwerpunkt für das Klinikum Kulmbach, das in dem Zusammenhang überregional gefragt ist. „Da sind wir mittlerweile die Adresse Nummer eins für viele Pneumologen in Oberfranken, die uns ihre Patienten vorstellen.“ Experten auf diesem Gebiet arbeiten überregional eng in einem Board zusammen. „Dadurch können wir unseren Patienten mit Lungenfibrose eine tolle Perspektive für die Betreuung sowie Behandlung gewährleisten“, freut sich Dr. Alhanna. „Der Erfolg des überregionalen Fibrose-Boardes wäre ohne die gute Zusammenarbeit und die Unterstützung der leitenden Ärzte Prof. Dr.Thomas Bohrer, leitender Arzt der Thoraxchirurgie und Prof. Dr. Andreas Gschwendtner, Leitender Arzt der Pathologie, nie möglich gewesen. Dafür bin ich sehr dankbar.“
Der dritte Schwerpunkt, auf den Joseph Alhanna stolz ist: Die endoskopische Lungenvolumenreduktion bei Emphysem-Patienten. Die Betroffenen leiden an einer Überblähung der Lunge und damit unter Atemnot bei Belastung. Hier reichen Medikamente allein nicht mehr, den Patienten zu helfen. Deshalb können bei geeigneten Emphysem-Patienten verschiedene Methoden zum Einsatz kommen. Sie schaffen Linderung der Symptome. Dazu gehören die Ventile- und Coils-Implantationen sowie jetzt neu am Klinikum Kulmbach auch die Dampfablation. Diese minimal-invasive Behandlung leitet Wasserdampf in die betroffenen Regionen der Lunge, der das betroffene Gewebe schrumpft und so ein höheres Luftvolumen schafft. Man spricht von einer Verödung der Bronchien.
„Wir können auf dem Gebiet der Lungenheilkunde inzwischen das volle Spektrum abbilden. Das ist eine großartige Entwicklung innerhalb von zehn Jahren“, sagt Dr. Alhanna. „Wir müssen fast in keinem Fall mehr einen Patienten zum Beispiel an eine Uniklinik überweisen.“
Zehn Jahre in Kulmbach, das ist auch ein Grund, eine persönliche Bilanz zu ziehen. Die fällt ausgesprochen gut aus bei Dr. Alhanna: „Ich habe nie bereut und werde nie bereuen, dass ich in Kulmbach gelandet bin. Das Klinikum ist für mich meine zweite Familie. Ich habe ein tolles Team, und was uns in diesem Haus auszeichnet, ist die sehr gute Zusammenarbeit mit allen Abteilungen und auch der Personal- und Geschäftsführung. Dafür bin ich dankbar.“
Und was sind die Pläne für die Zukunft? „Mit diesem Spektrum, das wir jetzt haben, stehen wir auf einer sehr guten Basis. Die will ich in den kommenden Jahren weiter ausbauen und stärken. Bestmögliche Behandlung und Betreuung unserer Patienten steht für mich im Vordergrund. Dafür werde ich weiterkämpfen."